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						Stufe 1: Gleichgültig
 
						
							Sicherheit und Gesundheit 
							spielen nur eine Rolle im Betrieb, wenn es darum geht (straf-)rechtlichen oder wirtschaftlichen Schaden abzuwenden. Vorfälle 
							werden unter den Teppich gekehrt. Die Ursache für Unfälle oder 
							Erkrankungen wird ausschließlich beim einzelnen Beschäftigten 
							gesehen. Beschäftigte, die Sicherheit und Gesundheit thematisieren, 
							werden belächelt. Die betriebliche Praxis weicht von den formal 
							festgelegten Regeln ab.
						
						 
					 
					
						Stufe 2: Reagierend
 
						
							Maßnahmen für sichere und 
							gesunde Arbeitsbedingungen werden im Betrieb erst umgesetzt, nachdem 
							etwas passiert ist, beispielsweise nach einem Unfall oder bei einem 
							auffällig hohen Krankenstand. Es werden einfache, eher kurzfristig 
							gedachte Maßnahmen ergriffen, die jedoch in der Regel nicht an der 
							Wurzel des Problems ansetzen. Zudem ist das Reagieren auf Vorfälle 
							oft von Schuldzuweisungen geprägt. Eine systematische Analyse unter 
							Beteiligung der Beschäftigten bleibt aus.
						
						 
					 
					
						Stufe 3: Regelorientiert
 
						
							Sicherheit und Gesundheit 
							haben im Betrieb einen hohen Stellenwert. Es herrscht die Meinung, 
							dass Sicherheit und Gesundheit vor allem durch strikte Regeln und 
							Kontrollen zu erreichen sind. Daher werden bekannte Risiken mit 
							Regeln, festgelegten Prozessen und (Management-)Systemen 
							kontrolliert (Fokus auf Risikovermeidung), wobei die Beschäftigten 
							üblicherweise nicht beteiligt werden. Im Lauf der Zeit wird der 
							Kontroll- und Regelaufwand immer größer, gleichzeitig wird der Sinn 
							und Zweck der vielen Regeln immer weniger gesehen.
						
						 
					 
					
						Stufe 4: Proaktiv
 
						
							Verbindliche Regeln und Systeme 
							werden im Unternehmen als wichtig erachtet, reichen jedoch nicht 
							aus, um auf unerwartete Schwierigkeiten reagieren zu können. Daher 
							versuchen Führungskräfte und Beschäftigte gemeinsam, auf den ersten 
							Blick nicht erwartbare Risiken und Schwachstellen aufzuspüren, bevor 
							es zu Unfällen, Erkrankungen oder Störungen der organisatorischen 
							Abläufe kommt. Die Führungskräfte übernehmen Verantwortung bei der 
							Umsetzung von Sicherheit und Gesundheit. Ein regelmäßiger Austausch 
							ist allen Beteiligten wichtig. Frühzeitig wird von allen Seiten auf 
							unerwartete Entwicklungen aufmerksam gemacht und geprüft, ob die 
							aktuell festgelegten Regeln und Systeme noch angemessen sind.
						
						 
					 
					
						Stufe 5: Wertschöpfend
 
						
							Mit der Überzeugung, dass 
							sich Investitionen in Sicherheit und Gesundheit lohnen und auf 
							unterschiedliche Weise zur Wertschöpfung beitragen, wird 
							kontinuierlich in die sichere und gesunde Weiterentwicklung der 
							Arbeitsbedingungen investiert. Es herrscht die Überzeugung, dass 
							gesunde Arbeitsbedingungen den Betrieb insgesamt leistungsfähiger 
							machen und weiterbringen. Die Beschäftigten initiieren Veränderungen 
							selbstorganisiert, wenn sie der Meinung sind, dass diese für eine 
							gute Präventionskultur nötig sind. 
						
	
						 
					 
					
						Die unsichtbare Barriere – Perspektivwechsel: Von der Reaktion zur Antizipation
						
							Die ersten drei Stufen stehen für einen mehr oder weniger passiven 
							Umgang mit den Themen Sicherheit und Gesundheit, bei dem häufig erst 
							reagiert wird, wenn es bereits Probleme oder entsprechende 
							Regelungen  in diesen Bereichen gibt. Gerade auf unbekannte Risiken 
							oder Gesundheitsgefahren kann so nicht schnell genug reagiert 
							werden. Unfälle, arbeitsbedingte Erkrankungen oder 
							Berufskrankheiten, aber auch unmotivierte und unzufriedene 
							Beschäftigte können die Folge sein. Zur Vermeidung negativer Folgen 
							braucht es eine Änderung des Blickwinkels: Auf der Stufe 4 und 5 
							wird der Austausch über Unerwartetes gefördert. Das Ziel ist nicht 
							mehr die Risikovermeidung wie auf den Stufen 1 bis 3, welche ein 
							reaktives Verhaltensmuster verursacht. Vielmehr geht es darum, 
							Organisationen als komplexe und grundsätzlich unberechenbare Systeme 
							zu begreifen, wobei der Umgang mit dieser Komplexität und 
							Unsicherheit organisiert wird. Dies führt zu Verhaltensweisen, die 
							die organisationale Lern- und Anpassungsfähigkeit an sich ständig 
							ändernde Gegebenheiten fördern. Erst dann werden Betriebe in vollem 
							Umfang präventiv tätig. Die Bereitschaft zur Veränderung dieses 
							Blickwinkels ist also der erste Schritt, auf dem Weg eine 
							unsichtbare Barriere zu überwinden – von reagierendem zu 
							vorausschauendem Handeln.
						
					
						Die Barriere überwinden
						
							Wie sich die „unsichtbare Barriere“ überwinden lässt, ist für jedes 
							Unternehmen eine individuelle Herausforderung. Zwar ist die Kultur 
							eines Unternehmens ein „weiches“ Merkmal. Wer diese verändern 
							möchte, braucht dafür jedoch „harte“ Maßnahmen, also beispielsweise 
							Struktur- und Prozessänderungen.
							Dabei kommt es jedoch darauf an, mit Augenmaß zu handeln und an den 
							richtigen Stellschrauben zu drehen. Andernfalls könnte es 
							beispielsweise in einem ausschließlich regelorientierten System 
							(Ebene 3 des Stufenmodells) dazu kommen, dass sich irgendwann ein 
							Gefühl der Überregulierung einstellt. Immer neue Regularien werden 
							von außen herangetragen oder intern formuliert. Das kann zu einem 
							Gefühl von Überforderung und Gängelung führen, sodass die 
							Beschäftigten den Überblick verlieren. Sinn und Zweck all der Regeln 
							werden nicht mehr verstanden. In der Folge werden im Prinzip 
							sinnvolle Regeln ignoriert oder umgangen und die gelebte 
							Alltagspraxis stimmt nicht mit den formalen Regeln überein.